2009/02/19

mit meinem ganzen sein.

das was ich tue, bin ich. das was ich tue, geht nicht ohne mein ganzes sein, ohne die hingabe meines ganzen lebens an diese berufung. ich liebe und hasse es zugleich. weil es mir vor augen führt, wie schwach ich bin, wie unvollkommen, wie sehr mensch.
ich komme gerade von einem treffen für leute, die das KW kennen lernen wollen, die sich vielleicht der gemeinde anschließen möchten, aber zuerst einmal unverbindlich reinschnuppern...
und es ist so: ich bin dort als ganzer mensch. ich brauche mein ganzes sein. alles ist wichtig, alles interessant. ich muss grenzen ziehen, wo es mir allzu privat wird.
pastorin zu sein ist kein 25-stunden-job, er ist mein leben. ich kann es nur mit meinem ganzen leben sein. mit allem, was ich bin und habe.
und um ehrlich zu sein, will ich das nicht immer. 
die menschen sehnen sich nach leitfiguren, nach sicherheit, nach orientierung, nach werten. und ich als pastorin verkörpere meine gemeinde. 
bin ich als person so, dann kann man es auch in der gemeinde finden.
vielleicht will ich es, vielleicht aber auch nicht. ich denke, ich werde diesem anspruch nicht gerecht. 
und das ist okay. ich darf fehler machen, schwach und unperfekt sein.
ich muss abschalten, mich ausklinken, mal privat und nicht pastorin sein. 
wie das gehen kann, das finde ich gerade heraus.
und ich frage mich, ob es nicht cooler wäre, alle wären mit ihrem ganzen sein ein christ, zu dem man aufblicken kann. egal, welchen beruf man ausübt, was man tut, einfach in allem so zu leben, dass es gott ehrt. und zu wissen, dass gott es schätzt, wenn wir mit allem was wir sind und haben, sein kind sind.
denn letzten endes sind wir sowieso nur das. nicht mehr und nicht weniger als sein kind. alles andere ist nicht primär. das kommt erst weiter hinten. und deswegen kann ich es schaffen. weil es meine aufgabe ist, sein kind zu sein und in dieser funktion dann eine pastorin, ein automechaniker, ein musiker, ein altenpfleger, ein sozialarbeiter,....

menschliches versagen, göttliche präzision

diese tage haben es in sich. mein nicht immer überragendes zeitmanagement machte sich bemerkbar, ich stand ziemlich unter strom, dazu kam, dass es zwischenmenschlich sehr anstrengende auseinandersetzungen gab. nicht schön.
der montag, eigentlich mein freier tag, musste dann dazu herhalten, dass ich meine predigt und den tanzworkshop, den ich dienstags zu leiten hatte, noch vorbereiten musste.
außerdem wusste ich, dass ich für die predigt vermutlich noch material einkaufen musste. den film, den ich haben wollte, bekam ich nicht, so schrieb ich das theaterstück um, verwarf es wieder und passte es an die lebenswelt der kids an. abends halb sieben fahre ich dann zu mc geiz, in der hoffnung, dass dieser laden a)noch offen hat und b)das zeug hat, was ich noch brauche... 
da in meinem drucker druckerpatronen fehlen, musste ich meine predigt bei meinen freunden im vorderhaus ausdrucken lassen, was auch alles funktionierte...
den workshop, den ich bereits gehalten hatte, würde ich dann am morgen im zug vorbereiten. den tanz konnte ich glücklicherweise noch...
ich werde in chemnitz abgeholt und wir bereden im auto, welchen teen man die rolle in dem improvisierten stück spielen lassen könnte und die mitarbeiter haben auch sofort eine idee. die rolle des jesus wird ebenfalls besetzt und dann, dort angekommen, gehen wir das alles nochmal durch, ich erkläre meine vorstellungen...
ich erzähle, die beiden spielen, ich binde weitere freiwillige ein... und dann predige ich und es ist geil, es macht spaß, die teens sind mucksmäuschenstill. jesus ist unter uns. es knistert...

nach der predigt kommt eine mitarbeiterin auf mich zu und meint: "der X hat sich selbst gespielt." und sie erzählt mir ihre beobachtung, dass mein junger schauspieler, nach dem stück geweint hat, dass er selbst wohl am meisten von allen profitierte...

es gab noch weitere höhepunkte an diesem tag, aber das hat mich bewegt: der kampf, der stress im vorfeld, dass ich diesen film nicht bekam, das stück umschrieb - und es improvisiert empfand. der vorschlag der mitarbeiter, diesen jungen zu nehmen.... und dann zu erfahren, wie JESUS das alles gebraucht, um mit diesem jungen seine persönliche geschichte zu schreiben... das ist GNADE. 
komisches wort, aber anders kann ich es nicht sagen.

2009/02/08

frage

ich hab mal eine frage. nein viele, aber die eine muss ich stellen.
jeden tag, wenn ich durch die straßen gehe, sehe ich menschen, denen es schlecht geht, menschen, die mich um geld bitten, die am rand sitzen. am rand der straße und der gesellschaft. heute auf dem weg zum gottesdienst, sprach mit so ein typ an, zersaust, ungepflegt, zähne fehlten, er wirkte verwirrt. er wollte kleingeld, ich lehnte routiniert ab.
aber ist das richtig???
ich mein, ich kann nicht die welt retten, ich kann nicht jedem helfen, das weiß ich. aber was mache ich mit dem elend, das ich jeden tag sehe? mich in meine welt zurück ziehen? kuscheln gehen? hätte ich diesen mann mit zum gottesdienst schleppen sollen, hätte es ihm was gebracht?
ich hab echt keine ahnung. was macht man da?

leergehaucht...

heute nach dem gottesdienst war ich noch bei freunden - das war sooo gut. und hab jetzt irgendein crazy programm auf dem rechner, mal sehen, was ich damit alles anstellen kann. im moment hindert mich noch die ehrfurcht davor, es zu öffnen...
bin leergehaucht von dem heutigen abend. wenn man so in der verantwortung steht, vorne steht, geistliche anstöße in die gemeinde reingibt und man das gefühl hat, dass da grad irgendwas passiert, was man nicht in der hand hat und dass das was man tut, anfechtbar ist, weil es eben gewagt ist, dann nimmt mich das rum, kostet mich kraft und bewegt mich noch zeiten später.
im moment bin ich ziemlich aufgewühlt, wie ein see, der durch wind, motorboote und badende menschen aufgewirbelt wird. gedanken, wortfetzen, gesichter hallen nach in meinen gedanken und ich muss, nein will meine verwirrung, mein durcheinander vor gott bringen und es bei ihm ruhen lassen. selbst zur ruhe kommen. 
mich an den rand des sees setzen und mit dessen schöpfer reden. fragen, wie er sich das gedacht hat. und warten, bis sich der sturm legt. ich weiß nicht, wann er sich legt, weil der fragen viele sind. weil die hoffnung auf die antwort, das eingreifen, die veränderung mal da ist, mal nicht.
und wenn der see dann still ist, kann ich auf den grund sehen und vielleicht manches verstehen. erkennen. manche antwort nicht finden.
aber den sonnenaufgang trotzdem genießen. oder nicht, ich weiß es nicht.

der kulturschock

neulich, auf einer christlichen konferenz. viele, junge, motivierte menschen, verzeiht, christen. da waren sie. fröhlich und begeistert. und ich mittendrin und total überfordert. was machen die hier alle? 
aha. "wir machen jetzt lobpreis." und forsch und fordernd werden wir aufgefordert, gott mit unserem stehen die ehre zu geben. und dann wird hingebungsvoll ein schlechter lobpreisschlager geschmettert zur ehre gottes, menschen stehen da emotional kurz vorm zusammenbrechen, so hingegeben - und ich? 
fühle mich wie ein außerirdischer und frage mich viele fragen.
ich bin verwirrt und irritiert und fühle mich total unwohl. beim ersten mal siegen die fluchtreflexe und ich verlasse mit einer freundin den raum, beim zweiten mal schaffe ich es dazubleiben und prompt wird eine gebetszeit angekündigt. sorry, aber das geht jetzt gar nicht. ich verziehe mich mit einigen freunden in eine ecke und versuche, irgendwie mit meiner überforderung und den daraus resultierenden fragen zurecht zu kommen. doch wir bekommen eine mitbeterin, die sich uns gern anschließen möchte. aber ich kann nicht.
und ich sage das einfach. und das tut gut.
ich komme mit dieser christlichen kultur nicht mehr zurecht! war ich früher auch so wie diese jungen menschen hier? bin ich jetzt einfach zu desillusioniert in meinem glauben, nicht mehr begeisterungsfähig?
wenn ich mir die mädels anschaue, würde ich ihnen am liebsten sagen, dass gott sie schön findet und sie sich selbst wertschätzen dürfen.... den style, mein ich. die körperhaltung. den ausdruck in ihren augen...
ich kämpfe gegen die arrogante überheblichkeit in mir! nein, ich bin nicht besser. ich bin erschrocken und verunsichert! hat mich der osten versaut? ist es mein nun doch etwas "fortgeschrittenes" alter? hab ich zuviel freunde, die gott nicht kennen?
fest steht, dass ich "es" nicht mehr gewöhnt bin. dass ich mich verändert habe. 
nein, so war ich früher nicht. aber heute bin ich trotzdem anders als früher. und kritisch bin ich immer noch.
ich hatte einen kulturschock. und wenn ich daran denke, dass die leute aus der "anderen kultur" christen waren, die denselben jesus lieben wie ich...